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Mit Fortgang bei den Impfungen und mit Blick auf den bevorstehenden Sommer hellt sich die Stimmung auch in der Wirtschaft langsam auf. Der Maschinen- und Anlagenbau vermeldet bereits wieder eine Verbesserung der Auftragslage. Allerdings sind die Nachwirkungen der Krise nach wie vor existent und für einige Unternehmen wird es angesichts des Endes des Aussetzens der Insolvenzantragspflicht durchaus eng. So baut jeder fünfte Maschinenbauer Personal ab oder plant es.
Wirtschaft in Ausnahmesituation
Tatsache ist, dass die Wirtschaft sich derzeit noch immer in einer Ausnahmesituation befindet. Die Unsicherheit ist nach wie vor groß. Was können und sollten Unternehmen angesichts dieser Ausnahmeherausforderungen jetzt tun? Auf welche Bereiche müssen sie aktuell besonders achten, um die Krise unbeschadet zu überstehen?
Finanzplanung und Kommunikation sind jetzt entscheidend
Bei vielen Unternehmen, die lange Jahre gut gewirtschaftet haben, treten derzeit erstmals finanzielle Sorgen auf. Zu schlechterer Auslastung durch Nachfragerückgang kommen häufig die Forderungen der Kunden nach längeren Zahlungszielen. Gleichzeitig wächst die Unsicherheit hinsichtlich der Stabilität der Kunden. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht hat dazu ihr Übriges beigetragen. Dazu haben Unternehmen häufig mit gestiegenen Vorratsbeständen zu kämpfen. Wenn dann noch Kreditlinien auslaufen oder die Faktoren zu einem Mehrbedarf führen, sind die Sorgen erheblich. Zwar gibt es mit den Maßnahmen der Bundesregierung die Möglichkeit, Liquiditätsengpässe kurzfristig zu überbrücken, gleichzeitig erhöhen Darlehen und Stundungen aber auch die Verschuldung und schränken die Beweglichkeit ein.
Die Unternehmen müssen sich also in den nächsten Monaten und Jahren darauf einstellen, die Belastung aus den in der Corona-Zeit aufgenommenen Finanzierungen, die in den meisten Fällen nicht in zusätzlichen Umsatz generierende Innovationen oder Erweiterungen investiert wurden, abzutragen. Das dafür notwendige Kapital muss allein aus dem zukünftigen Geschäft generiert werden.
Was ist jetzt zu tun?
Unternehmen sollten darum jetzt neben den kurzfristigen Liquiditätsmaßnahmen einen umfassenden und kritischen Blick auf Prozesse und das Geschäftsmodell werfen. Handlungsoptionen können beispielsweise sein:
- Bereinigung des Produktportfolios,
- kritische Analyse von Prozessen und Tätigkeiten,
- Hinterfragen der Produktentwicklung etc.
Viele Unternehmen machen dies bereits und haben umfassende Restrukturierungsmaßnahmen angestoßen. Hier kann die Krise eine Chance darstellen, unbequeme Entscheidungen anzugehen, denn die Akzeptanz für Maßnahmen ist aktuell höher als in normalen Zeiten. Allerdings sollte die Schlagkraft mächtiger Stakeholder nicht unterschätzt werden, die die Situation der Unternehmen zusätzlich belasten können.
Frühzeitig Kommunikationsstrategie entwickeln
Erfolgreiche Unternehmen arbeiten darum frühzeitig eine Kommunikationsstrategie aus und verhindern damit, dass Finanzierer, Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter abspringen und damit die Krise weiter verschärfen. Idealerweise geschieht dies in der Erarbeitung einer tragfähigen Turnaround-Story. Diese basiert auf den Daten und Informationen der Unternehmens- und vor allem Finanzanalyse und gibt die Linie in der Kommunikation vor. Dabei werden unter anderem die für die Reputation und Positionierung des Unternehmens und der Geschäftsleitung entscheidende Frage nach dem „Warum“ beantwortet und Kommunikationsbausteine und Botschaften entwickelt. Diese spielen für die Kommunikation mit den Finanzierern eine genauso große Rolle wie in der Kommunikation mit Kunden und Lieferanten. Auch in der Kommunikation mit den Mitarbeitern spielt die Turnaround-Story eine maßgebliche Rolle, denn ihre Aufgabe ist es unter anderem, den beteiligten Stakeholdern eine Perspektive aufzuzeigen. Wie wichtig das Aufzeigen einer tragfähigen Perspektive ist, zeigt aktuell die Corona-Krise.
Eine Restrukturierung muss nicht an die Öffentlichkeit
Die frühzeitige und strategische Kommunikation mit Finanzierern, Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern in der frühen Phase der Transformation spielt außerdem eine ganz entscheidende Rolle, wenn es um die öffentliche Wahrnehmung geht. Den meisten Unternehmen ist es in der Transformation wichtig, dass Öffentlichkeit ausbleibt – zumindest so lange, bis die Repositionierung umgesetzt ist. Das ist möglich, setzt aber voraus, dass professionell kommuniziert wird. Informations- und Dialogansprüche der Stakeholder haben sich in den letzten Jahren durch die Veränderungen in der Medienlandschaft grundlegend geändert. In besonderen Situationen wie einer Restrukturierung, insbesondere wenn es um einen Stellenabbau geht, sind die Anforderungen an die Kommunikation besonders hoch. Wer hier gleich zu Beginn Fehler macht, kann diese später nur noch schwer korrigieren. Im schlimmsten Fall tragen Unternehmer und Geschäftsleitung einen schweren Reputationsschaden davon.
So gelingt die erfolgreiche Repositionierung
Neben der Kommunikation im akuten Krisenfall, die idealerweise möglichst lautlos vonstattengeht, ist es wichtig, frühzeitig Maßnahmen zur Repositionierung einzuleiten. Mit welchen Produkten und welchen Botschaften möchte das Unternehmen künftig am Markt wahrgenommen werden? Mit welchen Werbe- und PR-Maßnahmen gelingt es, den Absatz zu steigern und die durch die Krise entstandenen Finanzlöcher wieder aufzufüllen? Idealweise ist die Repositionierung die Fortführung der Turnaround-Story. Wichtige Erfolgsfaktoren sind die zielgenaue Ausrichtung der Kommunikation auf die Zielgruppen und das Finden der richtigen Kanäle.
Die Einbindung von Experten der Finanz- und Kommunikationsberatung kann sich in einer Turnaround-Situation schnell bezahlt machen. Beide Faktoren – da sind sich die Experten einig – haben einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg einer Restrukturierung.